Alexander von Zemlinsky:
Der Zwerg


Tragisches Märchen für Musik in einem Akt,
frei nach Oscar Wildes „Geburtstag der Infantin“ von Georg C. Klaren

Isokoski, Kuebler, Martinez, Collis
Frauenchor der Frankfurter Kantorei,
Gürzenich Orchester Kölner Philharmoniker
James Conlon
EMI

James Conlon, Chefdirigent des Gürzenich Orchesters und der Opéra National de Paris, einer der führenden Dirigenten seiner Generation, hatte die Frankfurter Kantorei 1995 bei zwei Aufführungen von Brittens „War Requiem“ kennengelernt. Der transparente Klang und die professionelle Arbeit des Chores waren ihm in guter Erinnerung geblieben, und so engagierte er den Frauenchor für die Chorpartien (Gefolge der Infantin) in der Produktion von Zemlinskys Oper „Der Zwerg“. Parallel zu den Aufnahmen in der Kölner Philharmonie im Februar 1996 fanden drei vom Fachpublikum begeistert aufgenommene Konzerte statt, welche - 74 Jahre nach der ersten Uraufführung des Werkes in Köln - die konzertante „Uraufführung der Ausgabe letzter Hand“ darstellten.

Das mit Zemlinskys Biographie eng verknüpfte Werk hat eine wechselvolle Geschichte und war jahrzehntelang unter dem Titel „Der Geburtstag der Infantin“ in entstellter Fassung aufgeführt worden. Zahlreiche Retouchen und Verbesserungen nach den ersten Aufführungen in den zwanziger Jahren hatte der Komponist seinem Verleger offenbar nicht mitgeteilt; sie gerieten so in Vergessenheit.

Im Mittelpunkt des tragischen Märchens steht ein verwachsener Zwerg, der sich - mangels Kenntnis seines Spiegelbildes - als schöner Prinz wähnt. Dieser Zwerg ist das Geburtstagsgeschenk für die Infantin. Er soll sie erheitern, entbrennt jedoch in leidenschaftlicher Liebe zu ihr - einer Liebe, die binnen kürzester Zeit tragisch enden muß, als sie ihm die Wahrheit über sein äußeres enthüllt.

James Conlon bemerkt zu diesem Werk, es sei „unter den zeitgenössischen Werken unübertroffen“, „dramatisch straff und ausgewogen in den Proportionen. Text und Musik sind hervorragend aufeinander abgestimmt, die musikalischen, dramatischen und formalen Elemente nahtlos ineinander verwoben. Der Vokalsatz ist ungezwungen und einschmeichelnd und das Orchester brilliant und so phantasievoll wie bei Richard Strauss und Mahler.“ Die Straffheit der Dramatik entsteht nicht zuletzt durch den ungewöhnlichen Umstand, daß die Dauer der Handlung mit der des Stücks identisch ist. Der Zuhörer ist zeitgleich in das Geschehen eingebunden und erlebt den Geburtstagsnachmittag ohne Unterbrechungen und Zeitsprünge mit.